Verfasser:
Thomas Wüst
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Die Pleite der Silicon Valley Bank – ein Erbe Trumps

Die Pleite der Silicon Valley Bank, immerhin der 16.größten Bank der USA, hat gestern die Finanzmärkte verunsichert. Genau einen solchen Fall wollten die Regulierer nach der Lehman-Pleite im Jahr 2008 vermeiden, hat diese Krise doch eindrucksvoll gezeigt, was ein Vertrauensverlust für die Bankenwelt aber auch für die Weltwirtschaft bedeutet.

In den USA wurde in dem Zusammenhang im Jahr 2010 von der Obama-Administration der Dodd-Frank Act verabschiedet, der für eine höhere Stabilität im US-Finanzsystem sorgen sollte. In 541 Gesetzesartikeln wurde über eine intensivere Rechenschaftspflicht der Banken die Transparenz im Finanzsystem verbessert, um den US-Steuerzahler vor steuerfinanzierten Rettungsaktionen („Bailouts“) zu schützen. Wichtiger Bestandteil des Dodd-Frank-Acts war, dass für Banken höhere Eigenkapitalanforderungen und eine Mindestliquiditätsquote (z.B. Liquidity Coverage Ratio) eingeführt wurden – ab 2018 sollte darüber hinaus das „Net Stable Funding Ratio“ eingeführt werden, über die die Fristenkongruenz in den Bankbilanzen erhöht werden sollte.

Die Maßnahmen der strengeren Regulierung trugen jedoch dazu bei, dass die Kreditvergabe der US-Banken eingeschränkt und dadurch das Wirtschaftswachstum begrenzt wurde. Vor allem kleinere Banken in den USA („Community Banks“) beklagten eine Überregulierung und eine Verschlechterung ihrer Wettbewerbssituation.

Unter Trump wurde daher im Jahr 2018 der Dodd-Frank Act deutlich entschärft, in dem Banken mit einer Bilanzsumme kleiner als 250 Milliarden USD von zahlreichen Erleichterungen und Ausnahmetatbeständen profitierten – darunter fiel auch die Silicon Valley Bank, die Ende 2022 eine Bilanzsumme von 209 Milliarden USD aufwies. Folgerichtig wies die Silicon Valley Bank in ihrem Quartalsbericht zum 30.09.2022 darauf hin, dass sie nicht den Regeln zur „Liquidity Coverage Ratio“ und der „Net Stable Funding Ratio“ unterliegen würde – weder in vollem noch in einem reduzierten Umfang. Es ist für Banken zur Optimierung ihrer Erträge verlockend, wenn kurzfristige, unverzinsliche Sichteinlagen langfristig zu einem deutlich höheren Zinssatz verliehen oder in Anleihen am Kapitalmarkt angelegt werden. Gerade aus diesem Grund, ist hier eine Regulierung nötig – die aber aufgrund der Deregulierungsmaßnahme Trumps für die Silicon Valley Bank eben nicht gegolten hat. Fatal wird es dann, wenn nach einem Zinsanstieg wie zuletzt plötzlich ein Mittelabfluss dieser Sichteinlagen einsetzt, Kunden also Einlagen abziehen, und die Bank dann Anleihen unter Druck mit einem großen Kursverlust verkaufen muss, um ihre Liquidität sicherzustellen. Diese Situation hat bei der Silicon Valley Bank zu einem Verlust von 1,8 Milliarden USD geführt (die Duration ihres Bond Portfolios betrug 3,6 Jahre!!!), der auch nicht durch eine Kapitalerhöhung ausgeglichen werden konnte. Die Folgen sind nun bekannt.

Daniel Davies bringt es in seiner FT-Kolumne „Silicon Valley Bank is a vera American mess“ vom 10.03.2023 auf den Punkt: „..the fact that a risk isn´t covered bei a regulatory ratio doesn´t mean it doesn´t exist“.

Der Regulierer handelt also mit Zitronen, wenn er in entscheidenden Punkten seine Akteure an der langen Leine laufen lässt. Die Silicon Valley Bank würde heute noch existieren, hätten die Regeln des Dodd-Frank Acts für sie wie ursprünglich geplant gegolten. Nur wäre sie dann eventuell nicht in der Forbes-Liste Amerikas Bester Banken geführt worden, die wenige Tage vor ihrer Pleite veröffentlicht wurde.

Apropos Lehman Brothers: Die Hauptverantwortlichen für die Subprime-Krise in den USA, die Rating-Agenturen, scheinen wenig daraus gelernt zu haben: sie führten die Silicon Valley Bank bis letzte Woche noch mit guten Investment Grade Ratings bei stabilem Ausblick.

11.03.2023 Thomas Wüst