Verfasser:
Thomas Wüst
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Rentenmanagement: Was junge Menschen aus dem Anlagejahr 2023 lernen können!

Einer meiner Vorsätze für das neue Jahr 2024 ist, dass ich diesen Blog wieder stärker belebe. Gegen Ende 2023 fehlte mir einfach die Zeit. Daher freue ich mich, dass Sie zum Jahreswechsel hier vorbeischauen. Der nachfolgende Beitrag greift eine wichtige Lehre aus dem ablaufenden Jahr für junge Menschen auf, die traditonell über einen langfristigen Anlagehorizont verfügen. Kurioserweise dreht er sich um Anlagen in festverzinslichen Wertpapieren, ein Segment, der in der Finanzbildung hierzulande eine echte Brache darstellt. Viel Spaß bei der Lektüre.

Vorab sind wir uns einig, dass gerade für junge Menschen mit langfristigem Anlagehorizont breit gestreute Aktienanlagen in der Regel eine geeignete Anlageform sind. Doch nicht alle wollen alles auf eine Karte setzen. Geprägt durch die Zeiten von Negativzinsen werden dann oftmals auch langfristig nicht benötigte Gelder in Tagesgeldern investiert. Bedingt durch die inverse Zinsstrukturkurve waren nach den jüngsten Leitzinserhöhungen der Notenbanken dann auch geldmarktorientiere Rentenfonds ein beliebtes Anlageinstrument, bringen kurzfristige Anlagen vermeintlich eine höhere Rendite als langfristige.

Aus dieser Gemengelage wurde ein besonders krasser Anlagefehler im Jahr 2023 begünstigt. Auch weil Sachwerte- oder Aktienlobbyisten permanent davor warnten, dass Anleihen mit mittlerer und längerer Laufzeit Kursrisiken aufweisen würden und in Zeiten hoher Inflation ja ohnehin eine negative Realverzinsung brächten.

Doch werfen wir einmal einen Blick auf das komplett verkorkste Konzept der Realverzinsung, das viele Menschen im Jahr 2023 in die Irre geführt und Rendite gekostet hat. So wird bei diesem Konzept oftmals fälschlicherweise die historische Inflationsrate, die ja ex-post ermittelt wird, mit der zukünften Rendite, die festverzinsliche Wertpapiere ex-ante bringen, verglichen. Korrekter wäre, die zukünftige Rendite von festverzinslichen Wertpapieren mit den künftigen Inflationserwartungen, die am Markt eingepreist werden, zu vergleichen. Diese Realverzinsung erreichte bei 10-jährigen Bundesanleihen im September bzw. Oktober mit ca. 0,5 % ihren Höhepunkt, wie der unten verlinkte Text der Bundesbank zeigt. Einer Phase, in der man mit langlaufenden Unternehmensanleihen von Emittenten guter Bonität eine Rendite von 4 bis 6 % p.a. erzielen konnte. Was für eine Chance!!!

Viele Menschen haben diese Riesenchance verpasst, auf die professionelle Investoren lange gewartet und entsprechend gehandelt haben: eine Laufzeitverlängerung im Rentenanteil durchzuführen und Tagesgelder in Corporates von Emittenten guter Bonität mit langer Restlaufzeit umzuschichten. Wer entsprechend gehandelt hat, konnte mit dem Teil seines Kapitals, das er nicht in Aktien investieren möchte, bis zum Jahresende locker eine doppelt so hohe Rendite als mit Tagesgeldern erreichen und ist nun für eine Zeit, in der die Inflation mittelfristig weiter rückläufig sein kann, komfortabel mit einer hohen eingekauften Realverzinsung sehr gut positioniert.

Anfang des Jahres 2024 könnte es kurzfristig nochmals zu einem Anstieg der Inflation hierzulande kommen, fallen doch einige Steuersubventionen und Hilfsmaßnahmen der Regierung sowie der Basiseffekt bei den Energiepreisen weg. Hier öffnet sich eventuell nochmals ein Fenster für langfristig ausgerichtete Anleger*innen, ihr bisheriges Tagesgeld+Aktien-Portfolio konservativer (!) zu diversifizieren und sich breiter aufzustellen. Denn bei einem langfristigen Anlagehorizont kann man festverzinsliche Wertpapiere von Emittenten guter Bonität – unter der Voraussetzung einer breiten Risikostreuung wie bei Aktienanlagen üblich – auch bequem aussitzen. Vor allem sind diejenigen, die in Szenarien denken, dann auch für ein deflationäres Szenario, das derzeit medial so gut wie keine Rolle spielt, bestens gerüstet!

Ich wünsche allen einen guten Rutsch in ein glückliches und gesundes Jahr 2024, das uns allen wieder mehr Frieden auf dieser Welt bescheren möge. Wann immer Sie jemanden lesen oder hören, der mit dem Konzept der Realverzinsung argumentiert, hinterfragen Sie es kritisch, ob da Äpfel mit Birnen verglichen werden, die viele Menschen 2023 aufs Glatteis geführt haben!!!

Link:

https://www.bundesbank.de/de/statistiken/geld-und-kapitalmaerkte/zinssaetze-und-renditen/erwartete-realzinssaetze/erwartete-realzinssaetze-772400